Was ist eigentlich mit Käse?
Wer an Histaminintoleranz leidet, verliert zuweilen schon einmal den Appetit. Es gibt Phasen, vor allem direkt nach der Diagnose, in denen man auf jedes Lebensmittel zu reagieren scheint. Tatsächlich betreiben Betroffene in der Eliminations- und Wiedereinführungsphase von Lebensmitteln wahre Detektivarbeit. Hinter der Unverträglichkeit muss doch ein System stecken! Doch wie findet man es?
Lebensmittellisten wie die SIGHI-Liste geben Auskunft über mögliche “Übeltäter”. Während die Schweizererische Interessengemeinschaft Histamin-Intoleranz ein Ampelsystem zur Orientierung gibt, liefert die spanische Gesellschaft für DAO-Defizit konkrete Werte, die hier einsehbar sind. Darüber hinaus gibt es eine Lebensmittelliste der kanadischen Mastozytosehilfe, die Ähnlichkeiten mit der SIGHI-Liste aufweist, aber hier und da doch Abweichungen zeigt. Schnell zur Hand für alle “Smartphone-Besitzer” ist die folgende App, die vor allem beim Einkaufen in der Anfangszeit hilfreich sein kann.
Doch trotz aller Listen hilft am Ende nur, eine eigene Liste anzufertigen. Außerdem muss das, was eingangs einmal eliminiert wurde, nicht für immer vom Speiseplan verschwinden. Hat sich der Magen-Darm-Trakt erst einmal erholt, können nach und nach wieder Lebensmittel auf den Tisch kommen, die vorher Probleme gemacht haben – so zumindest bei der Histaminintoleranz, wenn sie erworben wurde (z. B. durch Antibiotika). Manchmal muss die Krankheit aber auch einfach gemanaget werden und zwar für immer, so bei den meisten Mastzellaktivierungserkrankungen. Da kann es helfen, sich einige Lebensmittelgruppen mal genauer anzusehen. Und genau das habe ich heute mit Käse vor.
Auf dem Blog habe ich bereits mehrmals die Faustregel formuliert: keinen lang gereiften Käse und keinen Käse mit großen Löchern. Warum?
Reifung bedeutet Fermentation. Dabei sind Bakterien am Werk. Viele Bakterien setzen in diesem Prozess Histamin frei und somit können fermentierte Produkte bei Histaminintoleranz schnell Probleme machen. Stichwort: Rotwein, Sauerkraut oder eben lang gereifter Käse. Im Grunde ist Fermentation auch bei jungem Käse und bei Joghurt am Werk. Offenbar ist der Reifungsprozess jedoch nicht lang genug, um die Histaminmenge so weit raufzutreiben, dass dadurch Probleme entstehen – hier zumindest. Die Bakterien sind für Betroffene von Laktoseintoleranz jedoch ein Segen. Während des Reifungsprozesses entsteht zwar Histamin, aber die im Käse enthaltene Laktose wird großteils durch die Bakterien abgebaut. Je älter der Käse, desto besser verträglich für Laktoseintolerante! Blöd nur, wenn man beides hat – LI und HIT.
Der Gedanke liegt nah, da zu Spezialprodukten mit der Deklaration “laktosefrei” zu greifen. Doch sind diese Produkte HIT-tauglich?
Um den Milchzucker (Laktose) in seine Bestandteile Galaktose und Glucose zu zerlegen, bedarf es eines bestimmten Enzyms namens Laktase. Betroffene von Laktoseintoleranz besitzen davon zu wenig, so wie HIT-Betroffene zu wenig DAO oder HNMT haben. Daher mischt man den laktosefreien Spezialprodukten extra Laktase bei. So und hier kommt das Problem: Das Enzym wird entweder aus Schimmelpilzen (Aspergillus) oder aus Hefen (Kluyveromyces) gewonnen und macht daher bei HIT meist Probleme. Außerdem können diese Laktase-Quellen mitunter gentechnisch verändert sein, auch wenn das zumindest in Deutschland nicht der Fall sein sollte. Bio-Ware gibt es im Reformhaus oder Naturkostladen, doch das Problem mit dem Histamin bleibt.
Wer daher von der Kombi LI und HIT betroffen ist, sollte idealerweise auf pflanzliche Alternativen umsteigen. Doch auch hier gibt es einiges zu beachten:
- Sojamilch sollte gemieden werden, da Sojabohnen als Histaminliberatoren gelten und sogenannte Phytoöstrogene enthalten. Stichwort: Östrogendominanz & HIT.
- Fertige/gekaufte Reis- und Hafermilch* ist oft fermentiert und wird daher nicht immer vertragen.
- Nicht alle Nussmilchalternativen sind verträglich, meist geht Mandel- oder Kokosmilch.
- Fertigprodukte enthalten meist unverträgliche Zusatzstoffe und Bindemittel (z. B. Guarkernmehl)
- Tipp: Pflanzliche Milch einfach selber machen. Auf meiner Seite gibt es Rezepte für Vanille-Hanf-Milch, Mandelmilch und Kokosmilch.
So, wie sieht es aber nun allgemein mit Käse aus und was hat es eigentlich mit der Empfehlung “keine großen Löcher” auf sich?
Die Löcher sind ebenfalls ein Hinweis auf Fermentation. Befinden sich Heupartikel in der Milch, wie es bei der traditionellen Milchherstellung häufig vorkommt, werden diese ebenfalls von Bakterien zersetzt (Fermentation) und dabei entstehen Gase, die entweichen. Voilà, der Käse bekommt Löcher! Bei einigen Sorten, wie Emmentaler werden diese Heupartikel für das typische Sortenbild übrigens künstlich zugesetzt. Von der Fermentation einmal abgesehen, können Heuschnupfen-Betroffene auf solche Sorten empfindlich reagieren.
Also hilft bei HIT nur der Griff ins Kühlregal zu jungem Käse wie Frischkäse, Mozzarella oder Gouda. Doch selbst da muss die Zusammensetzung studiert werden. Gerne befinden sich nämlich folgende Übeltäter für die Konsistenz oder zum Haltbarmachen in den Produkten:
- Johannisbrotkernmehl (z. B. in Philadelphia, den ich ohnehin nicht kaufe, weil Kraft Foods)
- Carrageen (z. B. in Buko – enthält auch Johannisbrotkernmehl)
- Citronensäure, die nichts mit der Zitrone (Frucht) zu tun hat (z. B. in Bresso, der außerdem Schweinegelantine enthält und damit sowieso HIT-untauglich ist und auch nicht vegetarisch ist)
Citronensäure (auch als E330) wird nicht aus der bekannten Zitrusfrucht, sondern in aller Regel aus Schimmelpilzen hergestellt. Hier ist Citronensäure neben Carrageen ein massiver Auslöser.
Wenn Ihr wissen wollt, was wirklich in Eurem Essen steckt, dann empfehle ich die Seite das-ist-drin.de! Dort kann man einige Produkte nachschlagen und bekommt Hinweise zur Zusammensetzung. Außerdem sind die E-Stoffe aufgelistet.
Das Fazit bleibt: keinen lang gereiften Käse und keinen Käse mit großen Löchern. Jetzt wisst Ihr auch, warum.
Gut, dass ich eh keinen Groß-Loch-Käse mag. Ich habe gute Erfahrungen mit Butterkäse gemacht, der geht bei mir super.
Ja, der ist hier auch sehr beliebt. Genauso wie Ziegenschnittkäse, junger Gouda, Mozzarella, Frischkäse, sowie manche Weichkäsesorten (habe einen Weichkäse in Scheiben entdeckt, der recht gut schmeckt)